Unsere Walcker-Orgel ist eine Orgel mit pneumatischer Traktur. Mit dem Begriff „Traktur“ ist die
Verbindung zwischen den Tasten und den Spiel- bzw. Tonventilen gemeint. Pneumatisch – das heißt soviel wie „mit Luft bewegt“.
Aber in jeder Orgel bewegt sich doch Luft? Richtig. Die Luft bewegt sich beziehungsweise wird bewegt. In unserem Fall aber wird die Luft sozusagen selbst aktiv – kontrolliert, versteht sich. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Orgeln mit rein mechanischen Trakturen gebaut. Bei diesen sorgen dünne Holzleisten, die so genannten „Abstrakten“, Winkel und Wellen für die Übertragung des Spiel-Impulses. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts sind elektrische Trakturen in Gebrauch, bei denen Magnete die Spielventile öffnen und schließen.
Im 19. Jahrhundert – in den Jahren um 1830 – wurde die pneumatische Traktur erfunden. Die ersten pneumatischen Steuerungen zum Ziehen der Abstrakten waren die so genannten Barkermaschinen (Barkerhebel) – (das sind Arbeitsbälge jeweils pro Ton, erfunden von dem Engländer Charles Barker). Der Orgelbau für die Technik der nachfolgenden Röhrenpneumatik wie in unserer Orgel hatte seine Blütezeit etwa zwischen 1890 und 1930. Bei diesem System der Pneumatik wird der gesamte Mechanismus der Registerschaltung durch Luftdruck geregelt: Das Öffnen und
Schließen der Ventile im Spieltisch, in den Relais, vielen
Zwischenstationen und Windladen. Die benötigte Luft wird dabei durch
eine Unmenge dünner Bleirohre geführt.
Spieltisch, offen
Da der Mechanismus mit all
seinen Ventilen und aufblasbaren Membranen immer etwas Zeit benötigt,
werden diese pneumatischen Orgeln vom Spieler als verhältnismäßig träge empfunden – zwischen Tastendruck und Erklingen des Tons gibt es eine kleine Verzögerung.
Die Krefelder Walcker-Orgel steht zeitlich noch am Anfang der Blütezeit – nachfolgende Instrumente wurden in ihrer Mechanik
und Ausstattung immer komplizierter und aufwändiger – auch
anfälliger. Dies war einer der Gründe, warum die Weiterentwicklung solcher Systeme aufgegeben und dieser Orgeltyp nicht mehr
gebaut wurde. Die Pneumatik hat allerdings nicht nur Nachteile: Die
Instrumente bedürfen wohl eines besonderen Einfühlungsvermögens des Organisten. Andererseits liefern sie einen unverwechselbar lebendigen Klang, der bei später gebauten Instrumenten mit anderer Technik so nie mehr erreicht wurde. Pneumatische
Orgeln „atmen“ (bedingt durch ihre Technik) und sind so zu
romantischen Klangentwicklungen fähig, die den Musik-Kompositionen
dieser Zeit absolut entsprechen. Die Instrumente spiegeln, wenn sie ihren
originalen Klangcharakter behalten oder wieder erhalten haben, sehr
authentisch die Klangvorstellungen etwa eines Max Reger, Felix
Mendelssohn-Bartholdy oder französischen Meistern romantischer
Tonkunst wider.